Bericht zu „Echt unersetzlich“ 📝

Echt unersetzlich 📝

Bericht von Tim Daldrup

Willkommen im Büro für spektakulär-spontane Wunscherfüllung

Wie das Projekt „Echt Unersetzlich“ in Berlin pflegende Kinder und Jugendliche unterstützt

In einem der beliebtesten Ausgehviertel Berlins versteckt sich nur wenig abseits der zahlreichen Restaurants und Kultureinrichtungen ein magischer Ort ganz anderer Art. Dieser kann zwar weder mit Neonreklame noch mit leuchtenden Lampions an der Eingangstür aufwarten, birgt dafür aber viel mehr Magie in sich als jede hippe Kreuzberger Bar. In dem von außen recht unscheinbaren Backstein-

Gebäude befindet sich das „Büro für spektakulär-spontane Wunscherfüllung“, wie es unter einigen Angestellten heißt. Hier haben Kinder und Jugendliche, die einen Angehörigen pflegen, die Möglichkeit, sich beraten zu lassen und den ein oder anderen kleinen Wunsch erfüllt zu bekommen.

Gabriele Tammen-Parr ist die Leiterin des 2018 vom Diakonischem Werk Berlin ins Leben gerufenen Projekts „Echt Unersetzlich“, das sich zum Ziel gesetzt hat, jungen Pflegenden zu helfen und Multiplikatoren auszubilden. Sie erzählt: „Ein besonders einschneidendes Erlebnis für mich war es, als während unserer Startphase ein 14jähriges Mädchen bei uns anrief, die sich allein um ihre psychisch kranke Mutter kümmern muss. Verzweifelt sagte sie zu mir, dass es ein großer Wunsch von ihr wäre, sich nur ein Mal wieder an einen gedeckten Tisch setzen zu können. Das hat mich sehr berührt, aber auch motiviert.“ Bei vielen jungen Pflegenden trage die Situation zwar auch zur Selbstständigkeit bei, das Fatale sei jedoch, dass die Belastung ihnen die Möglichkeit nehme, zwischendurch einfach nur Kind sein zu dürfen.

Laut einer Studie der Universität Witten/Herdecke aus dem Jahr 2018 sind derzeit allein in Deutschland mindestens 479.000 Kinder und Jugendliche mit einer häuslichen Pflegesituation konfrontiert – die Dunkelziffer ist höher anzusetzen. Auch wenn im gleichen Jahr mit „pausentaste.de“ ein vom Bundesfamilienministerium initiiertes Internetportal für junge Pflegende erstellt wurde, gibt es ansonsten kaum Beratungsstellen, die sich explizit an pflegende Kinder und Jugendliche richten. Projekte wie „Echt Unersetzlich“ sollten weiter unterstützt und öffentlichkeitswirksam gefördert werden, um die jungen Pflegenden aus ihrem gesellschaftlichen Schattendasein zu holen.

„Sehr wichtig ist es, mit viel Feingefühl an die Jugendlichen heranzutreten und ihnen keine Maßnahmen aufzuzwängen, sondern ihnen zuzuhören und sich auf sie einzulassen“, beschreibt die Projektleiterin ihre Herangehensweise, „Wir versuchen den Jugendlichen und Kindern, kleine Wünsche zu erfüllen und Tipps zu 

geben, wie sie die Situation besser meistern können.“ Ein regelmäßiger Treff für junge Pflegende ist auch schon in Planung.

Kürzlich noch schauten ein Vater und seine Tochter für ein Familiengespräch vorbei. Die Mutter erlitt vor Jahren einen Schlaganfall, seitdem wird sie allein von der mittlerweile 21jährigen Tochter gepflegt, da der Vater viel beruflich unterwegs ist. Erst durch das Gespräch versteht der Vater letztendlich, was es für seine Tochter bedeutet, allein mit der kranken Mutter zu leben. Beide liegen sich am Ende unter Tränen in den Armen. Genau in solchen Momenten liegt die Magie dieses Ortes.

Spontane Wunscherfüllung
Handbuch für Fachkräfte 📝

Das Diakonische Werk Berlin Stadtmitte e.V. gibt auch ein Handbuch für Fachkräfte aus dem Jugend- und Bildungsbereich heraus.

Sie können es hier herunterladen:

 Wenn Jugendliche sich um kranke Angehörige kümmern. 

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